Ende November 2022 fand im Freiland Potsdam vor vollem Haus die letzte »Besichtigung des Grauens« namens Heimat statt. Es war ein schöner, und auch ein etwas trauriger Abend. Denn schließlich waren wir über 3 Jahre in ganz Deutschland und Österreich unterwegs, spielten über 60 Shows vor schätzungsweise 7.000 Zuschauer:innen, an vielen tollen Orten mit vielen tollen Leuten. Ein Riesendank geht raus an alle, die dabei waren, an alle Friends und Beteiligten, an alle, die diese Abende möglich gemacht haben, die uns finanziert, gefüttert und untergebracht haben.
Die Tour ist nun vorbei. Einen allerletzten Auftritt hatten wir im Sommer diesen Jahres im österreichischen Stadl an der Mur, bei den großartigen Menschen vom Griessner Stadl, die sich ganz im Sinne Adornos der Entbarbarisierung des Landes durch Kunst und Kultur verschrieben haben. Vor passender Heimat-Kulisse und in einer Viehscheune aus dem 18. Jahrhundert war dies ein würdiger Abschluss. Und wir wollen nicht leugnen, dass wir uns nicht als besonders standhaft ansehen, sollte es für eine besonderen Ort oder einen besonderen Anlass doch nochmal eine Anfrage nach einer Aufführung geben. Vorerst aber ist der Anti-Heimatabend nun Geschichte.
Wer ihn verpasst hat, hier nochmals der Hinweis: Die komplette Show gibt es im Netz, in einer Aufnahme von 2020 aus dem Polittbüro in Hamburg. Enjoy the Nestbeschmutzung, oder, wie die AfD sagte, »unüberbietbare Hetzveranstaltung gegen Deutschland«.
Auch wenn es Heimat noch gibt, sehen wir unseren Anti-Heimatabend als vollen Erfolg an….an den wir mit einem neuen Projekt anknüpfen wollen. Gründe für Kritik gibt es ja durchaus weiterhin genug. Stay tuned!
Die Ankündigung für die Dernière im Freiland Potsdam
»Mit ihr wird für Zahnpasta und Banken geworben, die Bild-Zeitung ehrt sie mit einer kostenlosen Sonderausgabe, die Qualitätsmedien mit Features und Debatten-Serien. Grüne plakatieren ihr zur Ehre, Sozialdemokraten melden ältere Besitzansprüche an, und beneiden die Christdemokraten um die Idee mit dem Ministerium…«
Erinnert sich noch wer an die Zeit vor der Pandemie? Als die Kriege auf anderen Kontinenten stattfanden und die Klimakatastrophe bloß eine düstere Zukunftsprognose war? Als George Floyd noch lebte, die Tür der Synagoge in Halle noch heile war und Shishabars in Hanau noch keine Angsträume waren? Als Heimat die Feuilleton-Seiten und Talkshows bestimmte?
Der Boom ist vorbei. Als Gefühl ist die modernisierte Form der Volksgemeinschaft in den Mainstream eingesickert, wo sie auf Abruf durch die Völkischen wartet. Wir haben Heimathorst überlebt, dafür hat die »progressivste Heimatbewegung der Geschichte« die Herrschaft übernommen und zeigt nun ihrerseits mit Abschiebungen, dass Heimat eben nie für alle ist, egal was sie Gegenteiliges plakatieren. Eigentlich noch immer genug zu tun, aber irgendwann ist es auch mal gut.
Zu Ende unserer – durch Lockdowns, steigende Inzidenzen und anhaltender Nachfrage – über 3 Jahre ausgedehnten Tour kehren wir zum Abschluss mit dem Anti-Heimatabend ins Freiland Potsdam zurück, dorthin wo im April 2019 die Premiere stattfand. Ein allerletztes Mal werden wir auf der Bühne das Grauen besichtigen, das Absurde und das Gefährliche, in einem veränderten und verkürzten Programm für Nestbeschmutzerinnen, Freunde und Genoss:innen, in dem die Satire ausnahmsweise mal über der Aufklärung stehen darf.
Der Abend soll auch ein Dankeschön an das Freiland Potsdam sein, ein wahrlich heimatloser und wurzelloser Ort, von denen es in dieser trostlosen Republik zu wenige gibt und nie genug geben kann.
aus »Ankündigung für die Dernière im Freiland Potsdam«